Vier
grosse Bildhauer waren es, die massgeblich das künstlerische Antlitz Dresdens im 19. Jh.
bestimmten: Ernst Rietschel, Ernst Julius Hähnel, Johannes Schilling und dessen
Meisterschüler Robert Diez. In ihrem Schaffen lässt sich der Bogen ziehen vom
Klassizismus Rauchscher Prägung über einen deutschen Realismus, schliesslich durch die
Gründerjahre und über "malerisch-plastische" Versuche bishin zur Kunst des 20.
Jahrhunderts. Unter allen aus der Rietschel-Hähnel-Schule hervorgegangenen Bildhauern
scheint Schilling der bedeutendste zu sein. Ausgerüstet mit ungewöhnlicher Begabung und
ausserordentlichem Fleiss, wurde er zu einer gefeierten Bildhauerpersönlichkeit der 2.
Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er war zu Lebzeiten bereits so berühmt, dass sein Bildnis
1874 mit auf dem Dresdner Fürstenzug erscheint. Nach der Jahrhundertwende von der
jüngeren Kritik beiseite geschoben, geriet Schilling bald in völlige Vergessenheit; und
doch prägte er wie kein anderer das städtebauliche Antlitz Dresdens im 19. Jahrhundert
durch bedeutende plastische Kunstwerke. Vom Zwinger über den Opernplatz, die Oper selbst,
die Treppen der Brühlschen Terrasse, die Terrasse selbst, das Ständehaus, bis hin zum
Ausstellungsgebäude und Albertinum wandelt man faktisch auf "Schillings
Spuren".
Von grösster Bedeutung allerdings wurde für Schilling die Zusammenarbeit mit
Gottfried Semper. 1853 schuf er für Sempers Galerieneubau, nach Sempers Wahl und
Vorstellung, den entzückenden Kinderfries, die bildnerischen Tätigkeiten darstellend.
Seit 1869 war Schilling an der Planung für Sempers II. Opernhaus stark beteiligt und 1877
krönte er die Exedra mit seiner Panther-Quadriga.
Schilling 1892 geschaffenes Semper-Denkmal auf der Brühlschen Terrasse ist seine
letzte Verehrung vor dem grossen Baumeister.
In vorzüglichen Porträtdarstellungen (vgl. auch Rietschel-Denkmal, 1876) schuf er
Masstäbe und bewahrte die realistischen Traditionen der Rauch-Rietschel-Schule bis zum
Ende des Jahrhunderts.
Als Akademielehrer und Vorsteher eines grossen Ateliers wurde Schillings schulbildende
Wirkung von grosser Bedeutung. Sein Atelier verliessen gut ausgebildete Bildhauer, die z.
T. bis weit hinein ins neue Jahrhundert tätig waren. Zu ihnen gehören Robert Diez,
Rudolf Hölble, Heinrich Epler, Carl Schlüter, Arthur Selbmann, Hans Hatmann-Mac Lean.