Nach der Zerstörung ging in
Dresden ein wertvolles historisches Platzgefüge mit angrenzenden Strassenbildern
verloren. Die Trümmerbeseitigung bis 1960 führte nochmals zu wesentlichen Verlusten von
historischen Details. Einige wurden bei der Sprengung der Rampischen Strasse mit
persönlichem Einsatz Einzelner geborgen. Eine Kartierung einer Vielzahl von Fassaden ist
erhalten.
Die Situation ist aus den Veduten von Canaletto in ihrer freundlichen barocken
Atmosphäre vorhanden. Die Entscheidung der polnischen Städtebauer in den endvierziger
Jahren führte zum historischen Wiederaufbau von Danzig und Warschau. Das Ergebnis des
Warschauer <<Königschlosses überzeugt von der Richtigkeit der damaligen
Entscheidungen. Ca. 50 Jahre danach könnte mit der Wiederherstellung des
Erscheinungsbildes des historischen Neumarktes durch die Rekonstruktion städtebaulicher
Strukturen, Dachlandschaften und Strassenfronten ein ähnliches Ergebnis erreicht werden.
Mit dem Aufbau des Hotels Dresdner Hof, heute Hotel Dresden Hilton, rückte die Idee
der zukünftigen Bebauung um die zum Wiederaufbau vorgesehene Ruine der Frauenkirche in
eine sehr aktive Phase. 1985 entstanden Entwürfe von der Leitlinie des Städtebaus 1970
"... im Bereich Neumarkt ist der Städtebau unter Berücksichtigung der
Wiedererrichtung von Leitbauten in naher Zukunft vorzubereiten.." Dabei waren als
Leitbauten das Hotel de Sax, British Hotel, Hotel Stadt Rom, Jüdenhof, Dinglingerhaus,
Cosel-Palais etc. ausgewählt.
Die Wohnbebauung Münzgasse entstand auf der Grundlage unterschiedlichster
Fassadengestaltung auf der Basis eines monilithischen Erdgeschosses und der
differenzierten Gestaltung der Obergeschosse unter Verwendung des Wohnungsbautyps WBS 70.
Eine Dachlandschaft, unterschiedliche Gaupengestaltung und Staffelung der Gebäude auf
kleinstem Raum zeigt erste Verwirklichungen der damaligen Möglichkeiten der Dresdner
Architektenverantwortung.
Mit der nahegerückten Fertigstellung der Frauenkirche in der äusseren Gestalt bis
2004 wird diese damals durch 1989 nicht weitergeführte Baustrategie wieder ins Blickfeld
gerückt. Die erreichten gesellschaftlichen Chancen geben der Möglichkeit einer maximalen
Rekonstruktion des beschriebenen Gebietes Raum.
Workshops, Einbeziehung internationaler Architekten, Bürgerdiskussionen, Kenntnisnahme
von Ergebnissen der Aufbauarbeit zerstörter Städte in den Altbundeswländern fordern
eine klare philosophische Haltung über die Machbarkeit der Vorstellungen des Einzelnen.
Im Frühjahr 1999 gründete sich aus dieser Verantwortung heraus die Gesellschaft
Historischer Neumarkt Dresden e.V. In ihr haben sich Architekten, Historiker,
Denkmalpfleger, Kunsthistoriker, Juristen und andere engagierte Bürger versammelt. In
einem gemeinsamen Clubabend vernahmen wir das Grundanliegen: rekonstruierte Frauenkirche
und rekonstruierter Neumarkt gehören zusammen.
Vom Grunde her gab es Übereinstimmung und differenzierte Unterstützung. Der Workshop
der sächsischen Landeshauptstadt Dresden veranstaltet durch das Dezernat
Stadtentwicklung, hat neueste Ergebnisse vorgestellt.
Dresden ist international gesehen eine der am meisten geliebten Städte Europas, der
ganzen Welt.
Deshalb ist das überdurchschnittliche Engagement seiner Einwohner, aber auch
ehemaliger Einwohner und Weltbürger zu verstehen.
Der Zeitpunkt, wo Bürger noch eigenen Erleben dieses historischen Stadtteils
aufbringen, ist kurz vor zwölf Uhr. Die 1945 10jährigen sind jetzt ca. 60 Jahre älter.
"Der Geist unserer Zeit verfolgt andere Schwerpunkte." Es ist nicht
unbestritten, dass aus den Kutschen der Veduten Canalettos heute moderne Kraftfahrzeuge
geworden sind und der Fussgänger durch mobile städtische Einrichtungen schneller
ortsveränderlich ist.
Die gemeinsamen Bemühungen unterschiedlichster Ausgangspunkte fordern moralische
Anerkennung und sind begründbar.
Die Neumarktarchitektur zu einem Erlebnis werden zu lassen, fordert höchste
Sensibilität und Einsatz aller
Das die Stadt als lebendiger Organismus den finanziellen Aufwand entlohnt, sehen wir an
dem Ergebnis Semperoper.
Allerdings geht dort das Gerücht, dass viele Besucher mehr als das Museum, als die
Bildungseinrichtung zu Kenntnis nehmen.
Seit einigen Monaten schätzen sich Dresdner Bürger glücklich, das Cosel-Palais in
seiner äusseren Gestalt wieder nahe der Frauenkirche zu finden.
Es ist für viele Touristen und Einwohner zu einem interessanten Begegnungszentrum
geworden. Dabei wird jedoch deutlich, dass das Bemühen der Dresdner um eine
Fassadenarchitektur nicht reicht, sondern die notwendige Funktion der ehemaligen Bebauung
dringlichst mit zurückgegeben werden muss und das Detail bis hin zur Innenraumbeleuchtung
nicht vernachlässigt werden dürfen.