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Gottfried Semper
Historismus

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29. März 1983

Historismus und Synthese von Architektur und bildender Kunst im Werk Gottfried Sempers...

 


...mit Frau Professor Dr. Irma Emmrich
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Semper gilt als der bedeutendste Architekt des Historismus in de deutschen Kunst, wobei die persönliche Leistung durch die folgenden Generationen im wesentlichen anerkannt, Wert und Unabdingbarkeit des Historismus hingegen mit mehr als einem Fragezeichen versehen worden waren. Im letzteren Falle galt Semper schlicht als die grosse Ausnahme, die, gleichsam einer Epoche zum Trotz, Hervorragendes zu leisten in der Lage war. Die Semper-Ehrungern anlässlich des 100. Todestages 1979 brachten jedoch zum Ausdruck, dass die Urteilsbasis präzisiert und die Wertmasstäbe differenziert werden konnten.

Der Historismus, der bereits im späten Klassizismus aus dem Beginn des 19. Jh. seine Wurzeln hat, wird heute in seinem sozialen wissenschaftlich-technischen und ästhetischen Erfordernissen als eine Epoche der Kunstentwicklung gewertet, in der reflektiertes Erbeverhältnis, technoides Bedürfnis, soziale Repräsentation und Selbstbestätigung der bürgerlichen Gesellschaft in Wertvorstellungen aus der vormonopolistischen Phase dominieren. Der Stilpluralismus, der Äusserungsformen von der Romantik bis zum Hoch- und Spätbarock miteinander vereinte, ist in seinen besten Leistungen keineswegs ein eklektisches Konglomerat aus einem Musterkatalog historischer Bauformen. Er ist, und dafür bietet Sempers Werk das repräsentativste Beispiel, in hohem Masse funktionsbezogen. Das jeweilige soziale Bedürfnis bis hin zu den Gebrauchsfunktionen, , denen das Bauwerk zu dienen hat, topographische Situation und Möglichkeiten der Ensemblebeziehungen spielten bei den Entscheidungen für die jeweilige Stiladaption eine hervorragende Rolle. Dabei wirkten sich allerdings damals wie heute auch gewisse Modetrends aus; Denn ein Raumgefüge besitzt sowohl in seiner sozialen wie auch seiner ästhetischen Bestimmung eine gewisse Variationsbreite der Möglichkeiten und ist nicht absolut determiniert. Der Synthesecharakter der Schöpfungen Sempers , die Verschmelzung von Raumgefüge , Plastizität des Baukörpers, die "Bekleidung" durch dekorative Elemente des Skulpturalen und der Malerei erwuchs aus den ältesten Traditionen einer bildnerischen Interpretation des Gebauten zugunsten der materiellen und ideellen Wert- und Wirkungssteigerung. Aber es wirkten auch nachlebende Vorstellungen der Romantik von einem Gesamtkunstwerk, in dem Isolationen überwunden und Getrenntes um der Konzentration und Erhöhung der Erlebnismöglichkeiten willen wieder vereint wurde. Das Engagement Semper für den repräsentativen Theaterbau legt davon Zeugnis ab. Dabei folgte der Architekt zwei unterschiedliche Prinzipien der Synthese, dem der Koordination und dem der Subordination im Verhältnis von bildender Kunst und Architektur. Die allmähliche Emanzipation der Skulptur und der Malerei vom Baukörper vollzog sich in der westeuropäischen Kunstentwicklung seit der Frühgotik des 13. Jh. und erreichte ihren Höhepunkt innerhalb der Hochrenaissance. Die Werke der bildenden Künste waren gleichgewichtige Partner im baulich-räumlichen Gefüge. Die Intensität der Aussage wog die geringeren Volumina auf. Die Kunst des Barock hingegen integrierte entsprechend ihrem univarsalistischen Weltverhältnis wieder in hohem Masse die bildenden Künste in ihre Raumschöpfungen, die das begrenzte ins Unbegrenzte zu treiben suchten. Dort, wo Semper wesentlich die "Bekleidung ", die Haut des Baukörpers, mitgestaltete oder beeinflusste, wurde ein bemerkenswerter Grad ästhetischer Konvergenz erreicht. Im Prinzip der Koordination bot allein der Rietschel-Schüler Schilling eine der Architektur adäquate Leistung.